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Geschichte der Außenstelle Mindelheim

Inhalt:

Geschichte des "Alten Rentamts"

Das neue Bayern, eine Schöpfung des Ministers Montgelas, errichtete mit der Generale vom 01.03.1804 der kurpfalzzeiterischen Landesdirektion von Schwaben in Ulm die Rentämter als neue Behörden im bayerischen Schwaben, darunter auch das Rentamt Mindelheim.

Dieses Rentamt hatte schon einen Vorgänger, nämlich das kurfürstlich-zeiterische Kastenamt. Der Aufgabenkreis der Rentämter ging jedoch wesentlich über den der Kastenämter hinaus.

Bis zum Jahre 1929 blieb der Rentamts- bzw. Finanzamtsbezirk Mindelheim unverändert. Am 31.03.1929 wurde das benachbarte Finanzamt Türkheim aufgelöst und sein Bezirk mit dem des Mindelheimer Amts verschmolzen.

Geschichte des Dienstgebäudes

Aus heutiger Sicht mutet das Schicksal des Amtes und seiner Mitarbeiter, die seit 1804 über Jahrzehnte unter fast unzumutbaren Bedingungen hausen mussten, geradezu bejammernswert an.

Schließlich griffen die Bediensteten in ihrer Verzweiflung zur Selbsthilfe. Das kam so:

1804 wurde die Behörde in der Mindelgasse 1 (heutige Stadtbücherei) untergebracht, wo bis dahin das königliche Forstamt seinen Sitz hatte.

Zuvor war das Gebäude eine Gastwirtschaft mit dem kuriosen Namen "Zum Schwanen und zur Lache".

Das Gebäude muss in einem schauderhaften Zustand gewesen sein, wie aus einem Bericht des königlichen Rentbeamten Erb vom 25.07.1816 an die Finanzdirektion hervorgeht.

Als Betreff gibt er an

"Beschreibung der traurigen Rentbeamtenwohnung dahier"

Er schreibt: "Bei der Ansicht in das Rentamtslokal erschrak ich nicht wenig. Solch schlechte gefährliche Wohnung eines Rentbeamten existiert im ganzen Königreich gewiss nicht."

Kinder schreien

Erb lässt weder an den Amtsräumen noch an der Dienstwohnung ein gutes Haar.

"Das Schreien ungezogener Kinder auf der Straße vor dem Gebaeude", heißt es, "das Gehez beim Schwemmen der Pferde und das Gefahre an der Schranne verursacht ein solches Lermen und Getoese, dass man oefters nicht im Stande ist, im Bureau zu arbeiten.

In dem kleinen Amtsstueblein sind fuenf Schreiber um die kurrent Registratur gleichsam eingepflastert und fuer den Beamten bleibt nicht ein Plaezchen zur Stellung eines Arbeitstisches uebrig."

Einbruch und Raub

Die Sicherheit des Gebäudes ließ offenbar alles zu wünschen übrig. Der Rentbeamte Wocher hatte Erb bei der Amtsübergabe mitgeteilt, es sei im Jahre 1804 eingebrochen und die Kasse mit 2.000 Gulden gestohlen worden.

Im Jahr der Eröffnung! Ein verheißungsvoller Anfang.

Erb fährt in seinem Bericht fort:

"Die Gelegenheit zur Bestehlung gibt das Haus ganz, und mit einem abermaligen Versuch, der in jeder Nacht zu erwarten ist, kann Raub und Mord der Bewohner, vorzueglich des Beamten, indem die Kasse seine Schlafgesellschafterin sein muss, verbunden sein."

Erb bittet "die allergnaedigste Herrschaft" um Abhilfe und schließt "in tiefster Verehrung" als "unterthaenigst gehorsamster Rentbeamter."

Die Herrschaft war leider alles andere als gnädig und genehmigte weder den vorgeschlagenen Umzug in das Oberförsterhaus noch einen Umbau. Es wurde vermutet, dass der Bericht "von Uebertreibung nicht ganz frey" sei, was Erb wiederum vehement bestreitet. Er führt in einem Schreiben vom November 1817 einen weiteren Diebstahl aus den Amtsräumen an und bekräftigt, er müsse die Kasse in seiner Schlafstube aufbewahren, da man "ueberall ohne Muehe einsteigen" könne.

Düngerhaufen vor dem Rentamt

Klagen gab es allerdings auch gegen das Rentamt selbst.

So forderte im Juli 1818 das königliche Landgericht Mindelheim seinerseits das königliche Rentamt daselbst auf, den Düngerhaufen, der vor den Fenstern des Rentamts auf der Straße liege, zu beseitigen, da dadurch "die Straße verunreinigt und dieser Anblick bei den Antritten vor einem oeffentlichen Gebäude ebenso unangenehm als unschicklich auffällt."

Das königliche Rentamt hat aber kein "Plaezchen"' wo es seinen Mist hätte abladen können, was wiederum einen "unterthaenigsten" Bericht um Übernahme der Kosten auf "aerarialische Rechnung" für eine gemauerte Dunggrube zur Folge hat.

Das wird jedoch abgelehnt, da "der jeweilige Rentbeamte in Mindelheim weder auf Pferde noch auf Feldwirtschaft besoldet" sei.

Gegen den ablehnenden Bescheid wehrt sich der damalige Rentamtsleiter Erb, da er "Vieh halten muß, wie alle Beamte aufm Land und 1/2 Jauchert Dienstgrund habe, so sei er genoetigt, den Dung vor dem Haus frei liegen zu lassen, zum groeßten Anstoß der Polizei und des ganzen Orts".

Da nun alle Vorstellungen auf bauliche Verbesserungen zu keinem Ziele führten, griff Erb offenbar zur Selbsthilfe; hierfür bekam er einen Rüffel durch die königliche Regierung des Oberdonaukreises, die dem "koeniglichen Rentamte" bedeutete, dass "dasselbe bis auf weitere dieserseitige Weisung für jede eigenmächtige Bauvornahme nicht nur zu haften habe, sondern auch für die Nichtbefolgung zur Strafe gezogen werde".

Mit Entschließung vom 7. August 1819 erhielt Erb nun die Erlaubnis, die notwendigen Baumaßnahmen am Rentamtshaus vornehmen zu lassen. Aber er musste doch noch eine Rüge einstecken wegen der "Voreiligkeit, den Bau frueher angefangen zu haben als noethig und erlaubt war".

Von Strafe sah man ab, "versieht sich aber fuer die Zukunft, daß sich das kgl. Rentamt von aehnlicher Willkuer, zumal wo das Interesse des allerhoechsten Aerars (= Staatsvermögen) mit verflochten ist, ernstlichst zu huetten wissen werde".

Mit dem Ärger war aber deswegen kein Ende. Nun musste sich Erb mit dem Stadtmagistrat herumstreiten, weil dieser sich zunächst weigerte, im Haus Wasser legen zu lassen. Als das dann durchgesetzt war, gab es anscheinend bis 1841 Ruhe.

Besoldungsholz wurde gestohlen

Erbs Nachfolger Höfl und Deisinger drangen 1841 wieder auf Kauf eines anderen Hauses bzw. auf Erweiterung des Gebäudes Mindelgasse 1.

Nicht nur die Büroräume erwiesen sich in steigendem Maße als ungenügend, auch der Bau einer Holzremise war notwendig geworden, da von dem bisher im Freien lagernden Besoldungsholz regelmäßig einige Klafter gestohlen wurden.

Faule Abwässer, stinkende Häute

Mit höchst unangenehmen Arbeitsbedingungen musste sich 1879 der Rentbeamte Rösch herumschlagen.

Er wies damals in einem Bericht auf die feuchte und ungesunde Lage des Gebäudes Mindelgasse 1 am Wasser der Mindel hin.

Er beanstandete, dass der benachbarte "Rothgerber" unmittelbar unter dem Fenster des Amtsvorstandes sein "eckelhaftes Gewerbe betreibt, indem er taeglich ganze Ladungen der uebelriechendsten, meist schon im Prozess der Faeulnis begriffenen Tierhaeute waescht und selbe wochenlang im Wasser haengen laeßt, wodurch die Luft verpestet wird".

Angeschwemmter Unrat

Als weiteren sanitätswidrigen Missstand rügt er, dass "das faule Abwasser des ganzen oberen Stadtbezirks unmittelbar vor dem Rentamtsgebaeude in die Mindel fließt und dort zeitweise einen kleinen See bildet, in dem all der angeschwemmte Unrat offen liegen bleibt".

Auch Rösch drang auf Kauf eines neuen Gebäudes - vergebens. 1903 schlug sein Nachfolger, der königliche Rentamtmann Neidhardt, ein neues Kapitel der unendlichen Geschichte auf. Er sandte an das Finanzministerium einen sechsseitigen, enggeschriebenen Bericht, gegen den sich die Schilderungen seiner Vorgänger harmlos ausnahmen.

1904 trugen die fortgesetzten Bemühungen endlich Früchte: Das Ministerium gab nach und erwarb in der Bahnhofstr. 16 zum Preis von 15.000 Reichsmark vom Bezirksarzt Dr. Noder ein Gartengrundstück, auf dem bis Dezember 1909 der Hauptbau des neuen Rentamtsgebäudes vollendet wurde.

100 Jahre Ärger und Verdruss

Fast 100 Jahre waren somit seit der ersten Anregung für den Erwerb oder Bau eines neuen Rentamtsgebäudes vergangen. Viel Ärger und Verdruss musste von den Amtsvorständen hinuntergeschluckt werden, bis deren berechtigtem Wunsch nach ausreichenden und gesunden Amtsräumen entsprochen wurde.

Natürlich ging auch im 20. Jahrhundert nicht alles glatt, wenn auch so extreme Zustände wie zuvor nie mehr eintraten.

1929 wurde das benachbarte Finanzamt Türkheim aufgehoben und mit Mindelheim zusammengelegt, was eine neue Erweiterung unerlässlich machte.

Man erwarb von den Striebelschen Erben das Haus Gabelsberger Str. 2, das nun als Dienstwohnung des Amtsvorstehers fungierte. Die freiwerdenden Räume in der Bahnhofstraße wurden als zusätzliche Amtsräume verwendet.

Nun war soviel Platz, dass bis 1943 sogar noch das Zollamt dort untergebracht werden konnte.

Nach dem Krieg herrschte wieder Raumnot - das für einen Personalstand von neun Beamten gebaute Amt wuchs rapide. Zeitweise waren dort über 60 Beamte beschäftigt. Durch Ausbauten und Verlegung der Dienstwohnung wurde neuer Raum geschaffen. Trotzdem mussten zusätzlich Räume im Gebäude Bahnhofstr. 6 angemietet werden.

Endgültige Behebung der Raumnot ?

Im Jahr 2001 begannn wiederum ein neues Kapitel der Finanzamtsgebäude. Das ehemalige Gesundheitsamt, das seit dessen Verlegung in den Krankenhausneubau leer stand und direkt benachbart liegt, wurde für die Bedürfnisse der Finanzbehörde umgebaut.

Die hohen Räume des ebenfalls um die Jahrhundertwende gebauten ehemaligen alten Amtsgerichts mit seiner schön gegliederten Fassade harmonieren perfekt mit dem bisherigen Bestand.

Ein halbes Jahr Bauarbeiten während des laufenden Betriebs haben zwar schon manchmal sehr an den Nerven des Amtsangehörigen gezehrt. Das Ergebnis kann sich jedoch sehen lassen und die Raumnot ist nun endlich behoben.

Vorsteher und Außenstellenleiter seit 1804

Das Rentamt - später Finanzamt- Mindelheim- wurde seit seiner Errichtung von folgenden Vorständen bzw. Vorstehern geleitet:

Dienstzeit:
von - bis
Namen Position
1804 - 1816 Wocher Erster kurfürstlicher, später königlicher Rentbeamter
1816 - 1821 Erb königlicher Rentbeamter
1821 - 1833 Dr. Baur königlicher Rentbeamter
1833 - 1846 Höfl königlicher Rentbeamter
1863 - 1864 Deisinger königlicher Rentbeamter
1863 - 1864 Lecher Verweser
1864 - 1879 Dichtl königlicher Rentbeamter
1879 - 1895 Rösch königlicher Rentbeamter
1895 - 1903 Riedner königlicher Rentbeamter
1903 - 1904 Neidhard königlicher Rentbeamter
1904 Fleckenstein Verweser, königlicher Rechnungskommissär
1904 - 1917 Sixt königlicher Rentamtmann
1917 - 1931 Scholl königlicher Rentamtmann bzw. Regierungsrat
1931 Dr. Baer Verweser, Regierungs-assessor
1931 - 1935 Amann Regierungsrat
1935 - 1942 Hempel Regierungsrat
1942 - 1945 Daffner Regierungsrat
1945 Stoll Steuerinspektor, vom 01.10.1945 bis 21.11.1945 als vorläufiger Amtsvorsteher von der Militärregierung eingesetzt
1945 - 1967 Seibert Regierungsrat
1967 - 1973 Stadlbauer Regierungsdirektor, bis zum 30.06.1973, Auflösung des bis dahin selbständigen Finanzamts Mindelheim, ab 01.07.1973 Außenstelle des Finanzamts Memmingen
1973 - 1975 Stadlbauer Regierungsdirektor, Außenstellenleiter
1975 - 1980 Luther Regierungsdirektor, Vorsteher des Finanzamts Memmingen, gleichzeitig Außenstellenleiter der Außenstelle Mindelheim
1980 - 1985 Eichhorn Oberregierungsrat
1985 - 1992 Losher Oberregierungsrat
1992 - 1994 Eckert Oberregierungsrat
1994 - 2001 Stock Oberregierungsrat
2002 - 04/2008 Wigbers Oberregierungsrätin
08/2008 - 06/2016 Mittelstaedt Oberregierungsrat
07/2016 Hoppe Oberregierungsrat

Stand: 20.12.2017

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