Zusatzinfos am rechten Rand
Aufhebung von Verfügungen des Bayerischen Landesamts für Steuern und der ehemaligen Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg aus dem Bereich Umsatzsteuer
Hierzu:
Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vom 07.08.2018 - AZ. S 7506.1.1-5/2 St33
(PDF, 4 Seiten, 109 KB)
Hauptinhaltsbereich
Verfügungen des Bayerischen Landesamts für Steuern
S 7107.2.1-37/20 St33 vom 21.12.2023
Besteuerung von in Kindertageseinrichtungen und Schulen erzielten Umsätzen im zeitlichen Anwendungsbereich von § 2b UStG
Dieses Schreiben ersetzt die Verfügung vom 8. Januar 2021 (S 7107.2.1-37/11 St33). Die Änderungen sind im Wesentlichen redaktioneller Art.
1. Allgemeine Problematik
In Schulen bzw. Kindertageseinrichtungen werden durch Elternbeiräte, Schülermitverwaltungen, Schulfirmen, Schülerfirmen und Fördervereine vielfältige Umsätze erzielt.
Hierbei sind im Wesentlichen zwei Fragen zu klären:
- Wem sind die Umsätze zuzurechnen?
- Unterliegen die Umsätze der Umsatzsteuer?
Da die in Rede stehenden Umsätze regelmäßig auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden, ist von entscheidender Bedeutung, ob die Einrichtung nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig wird. Für die Umsatzsteuer ohne Belang ist nunmehr, ob die Einrichtung die Voraussetzungen eines Betriebs gewerblicher Art (§ 4 KStG i.V.m. § 2 Abs. 3 UStG i.d.F. bis 31.12.2015) erfüllt.
2. Elternbeiräte
2.1 Zurechnung der Umsätze
Der Elternbeirat (Art. 14 BayKiBiG bzw. Art. 64 BayEUG) ist – wie die Kindertageseinrichtung oder die Schule selbst – nicht rechtsfähig und damit ein unselbstständiges Organ des jeweiligen Trägers (z.B. Gemeinde, Landkreis, Pfarrgemeinde etc.) der Einrichtung.
Die Umsätze des Elternbeirats sind regelmäßig dem jeweiligen Sachaufwandsträger zuzurechnen.
Abweichend hiervon können die Mitglieder des Elternbeirats auch im Rahmen einer eigenständigen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) tätig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn, nach außen erkennbar, nicht der Elternbeirat, sondern die GbR, auftritt. Die GbR kann unter den Voraussetzungen des § 19 UStG die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen.
2.2. Steuerbarkeit der Umsätze
Die Umsätze der Elternbeiräte unterliegen grundsätzlich nur dann der Umsatzsteuer, wenn sie für sich genommen eine unternehmerische und damit nachhaltige Tätigkeit begründen. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall. Die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale müssen gegeneinander abgewogen werden. Als Kriterien für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit kommen insbesondere in Betracht:
- mehrjährige Tätigkeit;
- planmäßiges Handeln;
- auf Wiederholung angelegte Tätigkeit;
- die Ausführung mehr als nur eines Umsatzes;
- Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses;
- langfristige Duldung eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis;
- Intensität des Tätigwerdens;
- Beteiligung am Markt;
- Auftreten wie ein Händler;
- Unterhalten eines Geschäftslokals;
- Auftreten nach außen, z. B. gegenüber Behörden.
Nach diesen Grundsätzen stellen die klassischen Elternbeiratstätigkeiten (z. B. Verkauf von gespendeten Kuchen auf einem Sommerfest; Durchführung einer Tombola auf der Abschlussfeier) grundsätzlich keine umsatzsteuerlich relevanten Tätigkeiten dar, da regelmäßig für sich genommen keine nachhaltige Tätigkeit vorliegt.
2.3. Beispiele
Beispiel 1:
Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung veranstaltet ein Sommerfest sowie eine St.–Martin-Feier. Auf beiden Festen werden Getränke und Kuchen verkauft. Zielgruppe sind die Kinder, deren Eltern und Großeltern.
Lösung:
Der Elternbeirat wird nicht nachhaltig tätig. Insbesondere liegt keine Beteiligung am Markt vor.
Beispiel 2:
Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung bietet „Nikolaus-Besuche“ an. Das Angebot richtet sich lediglich an die Eltern der Kinder der Kindertageseinrichtung.
Lösung:
Der Elternbeirat wird nicht nachhaltig tätig. Insbesondere liegt keine Beteiligung am Markt vor.
Beispiel 3:
Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung bietet „Nikolaus-Besuche“ an. Hierfür schaltet er eine Werbeanzeige im Gemeindeblatt. Das Angebot richtet sich an die breite Öffentlichkeit.
Lösung:
Der Elternbeirat tritt am Markt auf und wird somit nachhaltig tätig. Die Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer und sind dem Sachaufwandsträger zuzurechnen.
Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Umsätze aus dem „Nikolaus-Besuch“ des Elternbeirats einer anderen Kindertageseinrichtung des gleichen Trägers, deren Angebot sich nur an die Kinder der Einrichtung richtet, (vgl. Beispiel 2) der Umsatzsteuer unterliegen.
Beispiel 4:
Der Elternbeirat einer Schule betreibt alljährlich einen Glühwein-Stand auf dem gemeindlichen Christkindlmarkt.
Lösung:
Der Elternbeirat tritt am Markt auf und wird somit nachhaltig tätig. Die Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer und sind dem Sachaufwandsträger zuzurechnen.
Die Kleinunternehmerregelung kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Gesamtumsatz des Trägers die Umsatzgrenzen des § 19 UStG unterschreitet.
Beispiel 5:
Zu Weihnachten möchte der Elternbeirat im Namen der Kindertageseinrichtung eine Sachspende für wohltätige Zwecke tätigen. Hierfür sammelt er Gelder von den Eltern der Kinder ein.
Lösung:
Die eingesammelten Gelder stellen mangels Leistungsaustausch keinen Umsatz dar und unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
Beispiel 6:
In einer größeren Stadt existieren zehn städtische Kindertageseinrichtungen. Jede dieser Kindertageseinrichtungen veranstaltet ein internes Sommerfest, an dem Umsätze aus dem Verkauf von Kaffee und Kuchen sowie der Durchführung einer Tombola erzielt werden.
Lösung:
Die Elternbeiräte werden nicht nachhaltig tätig. Insbesondere liegt keine Beteiligung am Markt vor, da sich die Tätigkeiten jeder Kindertageseinrichtung lediglich an ihre jeweiligen „Mitglieder“ richten. Unerheblich ist, dass die jeweiligen Kindertageseinrichtungen einem einheitlichen Träger angehören.
3. Schulfirmen/Schulprojekte
Schulfirmen/ Schulprojekte sind Übungsfirmen und Tätigkeiten von Schülerinnen und Schülern z. B. im Rahmen des fachlichen Unterrichts. Produkte und Dienstleistungen, die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des fachlichen Unterrichts herstellen bzw. erbringen, sind essentieller Bestandteil ihrer Ausbildung an sich. Ihre Herstellung bzw. Erbringung erfolgt auf Veranlassung und in Verantwortung der Schule und nicht „unter dem Dach“ einer ggf. selbstständigen Schülerfirma. Der pädagogische Aspekt steht dabei im Mittelpunkt.
Beispiele:
- Fachakademien für Ernährungs- und Versorgungsmanagement bieten Catering für Veranstaltungen an. Der Erlös geht an den Sachaufwandsträger.
- Eine staatliche Berufsfachschule für Musikinstrumentenbau verkauft im Fachunterricht hergestellte Geigen an selbständige Geigenbauer. Die Schule stellt dem Geigenbauer eine Rechnung; die Finanzen werden über die Kämmerei des Landratsamtes abgewickelt.
Die Einnahmen sind nach den Vorschriften des BayEUG und BaySchFG dem Sachaufwandsträger zuzurechnen. Im Regelfall führt die Ausführung dieser Umsätze zu einer steuerbaren Tätigkeit. Abhängig von der Ausgestaltung des jeweiligen Einzelfalls können jedoch auch nicht steuerbare Innenumsätze oder hoheitliche Hilfsgeschäfte im Sinne des Abschnitts 2b.1 Absatz 9 UStAE vorliegen.
Die Kleinunternehmerregelung kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Gesamtumsatz des Trägers die Umsatzgrenzen des § 19 UStG unterschreitet.
4. Schülerfirmen
Bei einer Schülerfirma handelt es sich aufgrund ihrer pädagogischen Zielsetzung grundsätzlich um eine schulische Veranstaltung, in deren Rahmen Schülerinnen und Schüler Produkte herstellen und an Dritte verkaufen bzw. Dienstleistungen anbieten.
Bei dem Zusammenschluss der Schüler handelt es sich regelmäßig um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Kennzeichen der GbR ist, dass die Gesellschaft aus geschlossenen Verträgen als solche berechtigt und verpflichtet wird.
Schülerfirmen sind somit ein eigenständiger Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Unter den Voraussetzungen des § 19 UStG wird die Umsatzsteuer nicht erhoben.
5. Fördervereine
Fördervereine sind eigenständige Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Unter den Voraussetzungen des § 19 UStG wird die Umsatzsteuer nicht erhoben.
Zu den Zusatzinfos am rechten Rand